Klimaziele im Gebäudesektor: Die notwendige Erhöhung der Sanierungsrate wird angesichts der weiterhin guten Auftragslage im Neubau nur mit einer Kapazitätsausweitung der Bau- und Bauproduktewirtschaft zu erreichen sein. Das bietet große Chancen, stößt aber auch auf Barrieren, wie eine aktuelle Studie des IIBW zeigt.
Die Gebäudesanierung war während der COVID-Krise im Fokus, um gleichermaßen Klimaziele zu erreichen und zur Konjunktur und Arbeitsplatzsicherung beizutragen. Jetzt ist aber die Sorge, dass die Baukonjunktur und der Arbeitsmarkt gar nicht in der Lage sein könnten, eine Ausweitung der Gebäudesanierung zu bewältigen.
Das IIBW – Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen hat in einer Studie im Auftrag des Klimaschutzministeriums in enger Abstimmung mit der Bauwirtschaft und den Bausozialpartnern die Rahmenbedingungen für eine Kapazitätsanpassung analysiert und Maßnahmenvorschläge ausgearbeitet.
Szenario Sanierungsrate: 2,8 % im Jahr 2030
In der Studie wird angenommen, dass der Neubau mittelfristig mehr oder weniger stabil bleiben wird. Besonders interessant bei der Wohnhaussanierung erscheint das Szenario einer raschen und starken Erhöhung der Sanierungsrate auf 2,8 % im Jahr 2030. Daraus folgen:
Chancen
- Ausweitung Produktionsvolumen in der Hochbau-Sanierung von 10 Mrd. auf 16 Mrd. Euro bis 2025
- jährliche Steigerungen um bis zu 15 % (oder, auf die gesamte Bauwirtschaft berechnet, zirka 5 % pro Jahr Kapazitätssteigerung)
- plus 17.000 Beschäftige im Bausektor
Barrieren
Die Barrieren bei diesem Szenario stellen jedoch die Material-Engpässe dar, sowie der Mangel an geeignetem Personal und Fachkräften.
Potenziale
Was den Fachkräftemangel betrifft, liegt mittel- bis langfristig das Potenzial in der Weiterentwicklung des dualen Bildungssystems. Auch Forschung und Entwicklung sowie die Digitalisierung der Baustellen sind zwei weitere wesentliche Stellenwerte zur Bewältigung der Herausforderungen.
Im großvolumigen Bereich stellen der Abbau wohnrechtlicher Barrieren und Förderungen die wirkungsvollsten Instrumente dar. Für die Dekarbonisierung von Eigenheimen rückt die Studie folgende Maßnahmen in den Fokus:
- Steuerung ungeförderter Sanierungen
- Nachbesserung bestehender Förderungen
- Abkehr vom Primat der umfassenden Sanierung
- Abrissoffensive
- Gewerkeübergreifende Dienstleistungen
- Seniorenkredite
- Aktivierung leerstehender bzw. untergenutzter Eigenheime
Was die aktuelle Preisdynamik betrifft, auch diese findet mit Strategien zur Beruhigung ausreichend Platz im Kapitel 6.2.
Bauindustrie: Smarte Sanierung – smarte Strukturen
Die Praxis zeigt, dass beim Hochbau das Kerngeschäft Neubauprojekte sind – die Vorteile sind größere Baulose, Vorfertigung, effektiverer Personaleinsatz, geringere Baurisiken.
Wenn die zukünftigen Wachstumspotenziale in der Hochbausanierung liegen, könnten neue Strukturen in der Industrie die Kleinteiligkeit von Aufträgen in Übereinstimmung gebracht werden. Denkbar wäre beispielsweise die Bündelung von zahlreichen Sanierungsprojekten eines einzelnen großen Bestandshalters. (S. 61 in der Studie)
Kapazitätsausweitung der Bauwirtschaft
Die Verfügbarkeit entsprechender Kapazitäten ist ausschlaggebend dafür, dass seitens der Bauwirtschaft „Hunger“ nach Sanierungsprojekten aufkommt. Es sollte also nicht nur darum gehen, dass die Bauwirtschaft auf eine gesteigerte Nachfrage nach Bauleistungen in Sanierungsprojekten reagiert. Markt funktioniert so, dass auch entsprechend verfügbare Angebote die Nachfrage stimulieren. (S. 78 in der Studie)
Hier geht es zur erweiterten Zusammenfassung.
Die ganze Studie können Sie hier downloaden: Kapazitätsanpassung der Bauwirtschaft für eine erhöhte Sanierungsrate (nachhaltigwirtschaften.at)
- Rahmenbedingungen und Prognosen ab Seite 14
- Bauprodukte und Lieferketten anhand Szenario 3 „rasche starke Erhöhung der Sanierungsrate mit ca. 55.000 umfassende Sanierungen und etwa 220.000 Einzelmaßnahmen“ ab Seite 46 in der PDF (Seite 44 im Dokument).
Siehe hierzu auch folgende News auf unserer Webseite:
Studie: Definition und Messung der thermisch-energetischen Sanierungsrate in Österreich, Mai 2020