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Baurecht: Wann ist ein Schlusszahlungsvorbehalt wirksam?

Der Oberste Gerichtshofs beschäftigt sich in einer aktuellen Entscheidung mit der Frage, inwieweit ein Schlusszahlungsvorbehalt begründet sein muss, um wirksam zu sein. 2 Rechttipps befassen sich aktuell mit diesem Thema.

Der Rechtsexperte Mag. Christoph Gaar analysiert für die Plattform HANDWERK+BAU einen Bescheid des Obersten Gerichtshof. Sein Fazit:

„Die aktuelle Entscheidung zeigt wieder einmal, dass es immer auf den Sachverhalt des Einzelfalls ankommt. Für den Auftragnehmer ist es unbedingt ratsam, den Schlusszahlungsvorbehalt möglichst detailliert zu begründen, um eine solche Ungewissheit und einen möglichen Anspruchsverlust schon an dieser Stelle auszuschließen. Für den Auftraggeber ist es verpönt, den Auftragnehmer hinzuhalten und dann Verfristung einzuwenden.“

Hier geht’s zum ganzen Fall.

 

Auch die Rechtsexperten von Girardi & Schwärzler & Pichler haben sich dem Fall ebenfalls zugewendet. Ihre Fragestellung:

ÖNORM B 2110 – Muss der Schlussrechnungsvorbehalt begründet werden?

Gemäß Punkt 8.4.2 der ÖNORM B 2110 schließt die Annahme der Schlusszahlung aufgrund einer Schluss- oder Teilschlussrechnung nachträgliche Forderungen für die vertragsgemäß erbrachten Leistungen aus, wenn nicht binnen 3 Monaten nach Erhalt der Zahlung schriftlich ein Vorbehalt erhoben wird. Sinn und Zweck dieser Bestimmung liegt darin, die Rechtslage bei Bauprojekten mit zumeist hohen Auftragssummen möglichst innerhalb kurzer Zeit zu klären.

Der Werkunternehmer muss demnach, wenn der Abzug in der Schlussrechnung seiner Meinung nach zu Unrecht erfolgte, fristgerecht einen schriftlichen begründeten Vorbehalt erstatten, widrigenfalls die Geltendmachung des „Abzuges“ wegen Verfristung nicht mehr möglich ist.

Gemäß ständiger Rechtsprechung des OGH muss dieser Schlussrechnungsvorbehalt ausreichend begründet werden. Die Erklärungen von Auftragnehmern, wonach

„sie die Abstriche beeinspruchen und die Korrekturen falsch seien“
oder
„die vorgenommenen Rechnungskorrekturen, Skontoabzüge seien keinesfalls zu akzeptieren“

wurden daher vom OGH – mangels Begründung – nicht als Vorbehalt akzeptiert.

 

Der Praxistipp von den Experten Girardi & Schwärzler & Pichler, Rechtsanwälte für Baurecht und Wirtschaft:

„Beachten Sie daher, dass gemäß ÖNORM B 2110 der Schlussrechnungsvorbehalt des Auftragnehmers nur dann wirksam ist, wenn er fristgerecht schriftlich erhoben und begründet wurde.“

Info: Musterschreiben und sonstige nützliche Informationen zu baurechtlichen Themen wie „Warnpflicht“, „Verzug“, „Baukostenschätzung“, „Mehrkostenforderungen“ finden Sie direkt auf der Seite von Girardi Schwärzler: gss.at/aktuelles/

Diese Information ersetzt keine juristische Beratung, die ARGE QG WDS übernimmt keine Haftung. Sie wurde mit freundlicher Genehmigung der Rechtsexperten Girardi Schwärzler, Rechtsanwälte für Baurecht und Wirtschaft unter Haftungsausschluss zur Verfügung gestellt.