Mangelhaftigkeit und Vertragsauslegung: Ein Baurechtstipp der Rechtsexperten Girardi & Schwärzler & Pichler.
OGH 14.11.2024, 5 Ob 57/24d
In diesem Rechtsfall beauftragte die Beklagte die Klägerin mit der Errichtung eines behindertengerechten Zubaus zu ihrem Einfamilienhaus.
Nach der vertraglichen Leistungsbeschreibung war der Übergang von Alt- zu Neubestand „Niveauausgleich“ auszuführen.
Es musste nun die Frage geklärt werden, ob durch diese Formulierung jede minimale Steigung vertraglich ausgeschlossen wurde oder die nach dem Angleichen des Estrichs vorhandene Steigung von 0,34 % eine vertragskonforme und mangelfreie Leistung darstellt. Der Oberste Gerichtshof gelangte in der oben angeführten Entscheidung mit Verweis auf die Toleranzgrenzen der ÖNORM B1600 zum Schluss, dass die tatsächlich minimale Steigung als vertragskonforme Leistungsbringung angesehen werden kann.
Praxistipp von den Experten Girardi & Schwärzler & Pichler, Rechtsanwälte für Baurecht und Wirtschaft: http://www.gss.at/
„Beachten Sie, dass ein Mangel das Abweichen des Geleisteten vom vertraglich Geschuldeten darstellt. Für die Beurteilung der Mangelhaftigkeit kommt es daher entscheidend auf die Vertragsauslegung an. Nach Ansicht des OGH ist es nicht zu beanstanden, die Toleranzgrenzen aus der einschlägigen ÖNORM als Auslegungshilfe heranzuziehen, da diese in besonderer Weise zur Bestimmung der Verkehrsauffassung geeignet sind.“
Diese Information ersetzt keine juristische Beratung, die ARGE QG WDS übernimmt keine Haftung. Sie wurde mit freundlicher Genehmigung der Rechtsexperten Girardi Schwärzler, Rechtsanwälte für Baurecht und Wirtschaft unter Haftungsausschluss zur Verfügung gestellt.